Einen kleinen Eindruck von der Fachtagung bekommen Sie in diesem Film:
Bei der Fachtagung wurden zielgerichtete Projekte vorgestellt, aufschlussreiche Informationen vermittelt sowie die Möglichkeit kompetente Gesprächspartner kennenzulernen gegeben werden. Das Ziel der Veranstaltung war, einen Ort des Austausches und der Vernetzung zu schaffen. Dazu bestand die Möglichkeit Methoden und Materialien zu erproben sowie wissenschaftliche Erkenntnisse zu diskutieren. Im Rahmen der Veranstaltung fand die Premiere des Social Spot (Kurzfilm) statt.
Schon nach kurzer Zeit war die Fachtagung mit 110 TeilnehmerInnen ausgebucht, was deutlich machte, dass es einen großen Bedarf zu diesem Thema gibt.
Grußworte
Frau Prof. Arens-Azevêdo, Präsidentin der DGE, eröffnete mit ihren Grußworten die Fachtagung. Sie schilderte, wie gemeinsame Mahlzeiten verbindend, aber durchaus gewöhnungsbedürftig sein können und gab damit einen Einblick in ihre persönlichen Erfahrungen, die sie mit verschiedenen Kulturkreisen gemacht hat.
Der Esstisch als Mikrokosmos der Gesellschaft
In ihrem anschaulichen Vortrag „Esskultur – Im Spannungsfeld zwischen Identität, Integration und Abgrenzung“ stellte Frau Prof. Methfessel, emeritierte Professorin der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, die Bedeutung der Küche als Drehkreuz heraus. Menschen aus verschiedenen Kulturen bereiten aus denselben Zutaten ganz unterschiedliche Mahlzeiten zu. Kulturelle sowie religiöse Ver- und Gebote über die Art, Inhalt und Umsetzung von Mahlzeiten können ebenso verbindend, identitätsstiftend wie trennend auf Menschen einwirken.
Die Mahlzeit dient als Ursprung und Gegenwart von Gemeinschaft, so dass der Esstisch - als Mikrokosmos betrachtet - ein Spiegelbild der jeweiligen Kultur ist. Das gemeinsame Essen kann sowohl Hindernisse als auch Chancen für das gegenseitige Verständnis der unterschiedlichen Kulturen bieten. „Mahlzeiten transportieren nicht die Nahrungsmittel, sondern Gerichte und Gefühle, die diese Gerichte bieten – und sie transportieren gleichzeitig Gemeinschaft.“ „Gemeinsames Essen bedeutet sich willkommen zu heißen, sich kennenzulernen, und sich gewissermaßen zu beschenken. Ein Essen zu geben, bedeutet auch, sich zu bedanken“, lauteten die Kernbotschaften von Frau Professor Methfessel.
Akteure aus der Praxis im Dialog
Im Anschluss an den Vortrag stellten sechs Akteure aus der Praxis im Podiumsgespräch dem Plenum ihre Tätigkeiten vor.
Die AkteurInnen machten dabei viele positive Erfahrungen: In den Berufsschulen sind das
Miteinander und die Selbstorganisation häufig deutlich besser als in den Klassen ohne geflüchtete Schüler. Frisch geknüpfte Kontakte bei Kochaktionen, wie beispielsweise „Baklava trifft Streuselkuchen“ haben auch langfristig Bestand und die neuen Impulse beleben den altbekannten „Kulturtrott“. In der Arbeitswelt spielt es schnell keine Rolle mehr, woher jemand kommt, sondern welche Motivation er für den Beruf mitbringt. Probleme werden gerne ganz unkompliziert gelöst, wie z.B. von einer syrischen Familie, die keinen Tisch für alle 11 Familienmitglieder besaß. Sie setzen sich einfach für die gemeinsame Mahlzeit mit einer Picknickdecke auf den Boden.
Alle Ansätze werden seit Jahren erfolgreich umgesetzt und sollen weiter mit viel Engagement fortgeführt werden. Dafür bedarf es finanzieller Unterstützung, um beispielsweise eine Ostdeutschland-Tour zu ermöglichen oder weitere Broschüren drucken zu können. Die Berufsschulen und das Mehrgenerationenhaus wünschen sich vor allem mehr Zeit, damit die Flüchtlinge in Deutschland wirklich ankommen, die Sprache lernen und sich integrieren können. Dabei sollte die Entwicklung der Ankommenden im Fokus stehen, die zunächst die Traumata, die sie während ihrer Flucht erlebt haben, verarbeiten müssen. Basis für das Gelingen ist das beiderseitige Entgegenkommen.
Markt der Möglichkeiten
Im anschließenden „Markt der Möglichkeiten“ konnten die Teilnehmenden mit den
AkteurInnen in den Dialog treten. An 21 Ständen aus den Bereichen Bildung, Projekte und Arbeitswelt (Steckbriefe finden Sie hier) informierten sich die TagungsteilnehmerInnen über interessante Projektansätze, Fördermöglichkeiten. Sie probierten Methoden und Materialien und
legten an zwei Kochinseln selber Hand an, um kleine Köstlichkeiten zu produzieren. Vor allem tauschten die Anwesenden ihre Erfahrungen aus, die sie in Begegnungen und Arbeit mit den geflüchteten
Menschen, der deutschen Gesellschaft, den Kommunen als auch politischen Entscheidungsträgern gemacht haben. Neue Kontakte wurden geknüpft, Kooperationen angeregt und viel Motivation daraus
geschöpft, dass so viele Menschen zu diesem Themenfeld aktiv sind – manche mit kleinem, manche mit großem Erfolg.
Premiere des Social Spots
Nach der Mittagspause leitete Dr. Jörg Baumgarte vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Premiere des Social Spots ein. Das Ministerium wurde Anfang 2016 von der DGE überzeugt, „dass gemeinsames Essen und Trinken sowie das Kennenlernen unbekannter Speisen zu den bekannten liebgewonnen Gerichten die Integration unterstützen kann.“, so Herr Dr. Baumgarte. Diese Botschaft wird erstmals mittels eines Social Spots transportiert, der auf der Fachtagung Premiere feierte. Menschen aus unterschiedlichen Nationen wurden gefragt, ob sie miteinander kochen möchten. Sie demonstrierten auf berührende Weise, dass das gemeinsame Kochen verbinden kann – ohne sich vorher zu kennen und unabhängig von Sprache und Alter.
Essen kennt keine Grenzen
Die Protagonisten des Films spiegelten sehr authentisch, was für sie das gemeinsame Kochen und Essen bedeutet. „Der Film spricht nicht nur kognitiv, sondern auch emotional an – ein wunderbares Beispiel, wie die von uns so wertgeschätzten Belange des Essens zur Verständigung von Kulturen beitragen kann“, beschrieb ein Teilnehmer seinen ersten Eindruck vom Film.
Ausblick
Der Social Spot steht hier in mehreren Versionen ebenso wie ein Flyer mit exemplarischen Anwendungsmöglichkeiten zum Download zur freien Verfügung. Eingesetzt als Instrument, dient der Film als Impulsgeber für die Auseinandersetzung mit der Integration über das Thema Essen und Trinken in unterschiedlichen Settings.
Der Social Spot geht niedersachsen- und bundesweit auf Reisen. Er wird in unterschiedlichen Settings eingesetzt, wie z.B. Schulen, Bildungseinrichtungen, auf Tagungen und im Sozialen Netzwerk. Begleitend entwickeln Studentinnen der Universität Hannover in ihren Bachelor- und Masterarbeiten Materialien und Unterrichtsmodule, wie der Film in der Ernährungsbildung eingesetzt werden kann.
Zudem wird die Vernetzung derjenigen weiter vorangetrieben, die für und mit Geflüchteten aktiv sind, so dass ein weiterer intensiver Austausch untereinander ermöglicht wird.
Tagungsprogramm
Moderation: Hermann Grams
beraten-begleiten-bewegen
ab 9.30 Uhr Ankommen
10.00-10.15 Uhr Grußworte
Prof.
Ulrike Arens-Azevêdo
Präsidentin der DGE e.V.
10.15-11.15 Uhr Esskultur – Im Spannungsfeld zwischen Identität, Integration
und Abgrenzung
Prof. Barbara Methfessel (i.R.)
Pädagogische Hochschule, Heidelberg
11.15-12.00 Uhr Im Dialog mit Akteuren aus der Praxis
12.00-13.00 Uhr Zu Gast in anderen Küchen
Imbiss und Pause
13.00-14.00 Uhr Markt der Möglichkeiten
informieren
– ausprobieren – vernetzen
14.00-14.15 Uhr Grußworte
Dr. Jörg Baumgarte
Niedersächsisches Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
14.15-14.45 Uhr Social Spot: Ein Kurzfilm stellt sich vor
14.45-15.00 Uhr Abschluss als Auftakt